Die Allmenden als ökologischer Naherholungsraum

Idee von Sandro Leuenberger, IG Allmenden, Bern

Grundlage

Der sich laufend verschärfende Nutzungsdruck im Perimeter Allmenden – sei es durch grosse Verkehrsprojekte von Bund und Kanton, durch Sportbauten und verschiedenste Sportnutzungen, durch die Aktivitäten und Einrichtungen von BernExpo und anderer Eventveranstalter aber auch durch Nutzungsansprüche einer sich verändernden Gesellschaft- führte dazu, dass die erlassenen Nutzungs- und Gestaltungspläne sich schon nach wenigen Jahren als revisionsbedürftig erweisen. Aus Sicht der betroffenen Quartiere sind zum Teil Fakten geschaffen worden, die in keiner Weise der versprochenen Grünraumentwicklung entsprechen und befürchten lassen, dass von der ursprünglichen, den Allmendraum als Ganzes respektierenden Grünraumplanung kaum mehr etwas übrigbleibt. Aktuell wird zudem die Bedrohung erst richtig sichtbar, die durch das vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) geplante «Neugestaltung» des Gebietes rund um den Autobahnanschluss Wankdorf auf die Allmenden zukommt: Eine Verbreiterung der Autobahn-Schneise stellt alle Bemühungen um Verbindung der Allmenden und gemeinsame Nutzung wieder in Frage. Die IG Allmenden plädiert klar dafür, dass zum heutigen Zeitpunkt eine umfassende und transparente Auslegeordung aller Fakten, Interessen und Ansprüche aller möglichen Akteure / Stakeholder gemacht werde, bevor die Anpassung der Nutzungspläne und die Genehmigung des ASTRA-Projektes erfolgt. Der umfassende Schutz dessen, was noch von den Allmenden übriggeblieben ist sowie deren Aufwertung als oekologischer Naherholungsraum sind dabei vordringlich.

Wege, Verbindungen und räumliche Zusammenhänge

Gute Verbindungen für den Langsamverkehr (Fussgänger und Velo) zwischen Ostermundigen und dem Wankdorfquartier / Stadion sind wichtig. Insbesondere müssen die Punkte Schermenweg / Mittelholzerstrasse, Fussgängerbrücke beim Zentweg und der Stadionplatz möglichst direkt verbunden werden. Die Verbindung muss an 365 Tagen und bei jedem Wetter begehbar sein. Im Bereich Zirkusplatz ist es möglich, dass dieser Weg je nach Installation mal am Nordrand und mal am Südrand des Zirkusplatzes verlaufen kann.

Der Erlebniswert des Weges im Bereich Kleine Allmend ist momentan eher bescheiden, nicht zuletzt wegen der mangelhaften Bepflanzung. Mit Ostermundigen müsste eine attraktive Fortsetzung geprüft werden. Dann könnte dieser Weg auch entsprechend signalisiert werden.

Dazu kommt, dass der gleiche Weg auch Bestandteil einer Veloführung zwischen Nordquartier und Ostermundigen werden soll. Eine Veloführung Zentweg – Mittelholzerstrasse schneidet im Vergleich schlechter ab, die Gefälle via Kleine Allmend sind moderater. Zudem gibt es beim Zentweg schwer lösbare Konflikte Velo / Autoparkierung und Anlieferung der Gewerbezone Galgenfeld.

Der grundsätzliche Konflikt eines wirklich immer begehbaren, asphaltierten Weges gegenüber eines Wegs mit Naturbelag und mehr Freizeitcharakter ist insbesondere im Bereich Kleine Allmend noch zu thematisieren.

Aktueller Koordinationsbedarf der Wegführungen besteht in folgenden Bereichen:

  • ASTRA Projekte Langsamverkehrsbrücke und Bolligenstrasse Süd
  • Velonetz Bern – Ostermundigen
  • Ausbaupläne und BernExpo / BeMotionBase
  • Parkplatzregime und Erschliessungskonzepte aus Richtplan ESP Wankdorf
  • Anschlüsse an übergeordnete Freiräume Bärengraben – Bolligen
  • Entwicklung Zentweg mit Um- und Zwischennutzungen

Erschliessung und Parkierung für den Privatverkehr

Erfreulicherweise soll die Kleine Allmend von sämtlichen temporären Parkplätzen – sowohl den 500 befestigten, als auch den 2000 auf der Wiese – befreit werden. Die PP sollen anderweitig in einem (natürlich ganzjährig benutzbaren) Parkhaus mit direktem Autobahnanschluss angeboten werden. Ebenso soll auch dank maximalem Ausbau der Einstellhalle von BernExpo die grosse Allmend von allen temporären Plätzen befreit werden. Die IGA begrüsst natürlich diese Absichten, möchte aber andererseits möglichst rasch ein umfassendes Konzept des PP Managements für den gesamten ESP Perimeter sehen um sich vergewissern zu können, dass damit keine unerwünschten neuen Verkehrsbelastungen z.B. in den Quartieren entstehen.

Nutzung kleine Allmend

Sowohl der Verzicht auf sämtliche temporäre Parkierung als auch auf die 2 vorgesehene Rasenfelder bewirkt, dass der Fächer der Nutzungsmöglichkeiten aus Sicht der IGA wieder sehr offen ist. Er muss unbedingt rasch mit der Anwohnerschaft und den anderen Stakeholdern bereinigt werden. Bereits sind verschiedene Projekte (Pumptrack, Spielplatz, Umgestaltungen als Folge der ASTRA- Verkehrsprojekte im Wankdorf etc.) in Arbeit, die die Entwicklung direkt beeinflussen werden.

Die Lösung, wie sie seinerzeit in der Motion Madl-Kubik «Ökostadt Bern – Naturnaher Modellpark Kleine Allmend» skizziert und mit deutlicher Mehrheit als Postulat überwiesen wurde kann immer noch als Leitidee dienen. Der GR bekämpfte damals diese Motion und empfahl die Überweisung als Postulat nicht zuletzt aus finanziellen Argumenten. Im Zeitalter der Verdichtungsdiskussionen, und als direkte Folge der im STEK 2016 formulierten Grünraumstrategien sind jedoch Investitionen in vielseitig nutzbare Grünräume nicht nur tolerierbar, sondern notwendig.

Gemäss STEK 2016 sind die beiden Allmenden umgeben von «Chantiers». Das heisst, dass die Allmenden in Zukunft inmitten einer sehr dicht bebauten Umgebung zu liegen kommen und deshalb in Richtung eines «Stadtparks» aufgewertet werden müssen. Die sich daraus ergebenden Zusatzkosten sind für die Stadt unvermeidlich. Als obersten Grundsatz einer Neunutzung der K. A. sehen wir die Steigerung der oekologischen Qualität und des Erholungswertes für die in der Umgebung wohnenden und arbeiten Menschen sowie der gesamten Stadtbevölkerung.

Ein gewisses Konfliktpotenzial gibt es mit aktuellen Nutzergruppen und Nutzungen wie Familiengärten, Hündeler, Hornusser, Pferdesport etc. die aufgrund ihres jahrelangen Engagements und der Tatsache, dass kaum andere Interessen angemeldet wurden, eine Art exklusives Gewohnheitsrecht ableiten, das mit den neuen Gestaltungswünschen sorgfältig abgeglichen werden muss.

Der Wunsch von YB nach Trainingsfeldern ist dagegen ein Bedürfnis, das nach Auffassung der IGA nicht in diese neu gewonnene Gestaltungsfreiheit auf der Kleinen Allmend passt. Eben hat ja die Stadt die geplanten Sportfelder als nicht ökokompatibel (Beleuchtung, Drainage, Ballfänge, WC etc. etc.) verworfen und es wären sicher unerwünschte Zusatzbauten und erneute Parkierungsprobleme zu erwarten.

Nutzung grosse Allmend

Insbesondere die freie Nutzung der grossen Allmend wird von allen Seiten massiv eingeschränkt. Es sind nicht nur die Sportaktivitäten, die vermehrt auch nur den entsprechenden Vereinsmitgliedern zugänglich sind, sondern auch die immer grösser werdenden Events und die Expansion des Messebetriebs. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Stadt Bern hier in einer grossen Konkurrenz mit anderen Städten sieht. Trotzdem sollten gewisse minimale Forderungen aus Sicht der IGA formuliert und eingehalten werden.
· Für Grossanlässe wurde die Fläche des ehemaligen Hyspaareals aufwändig umgestaltet. Dabei wurde eine grosse, allgemein nutzbare Rasenfläche, sowie ein Rasenfeld für Fussball aufgehoben. Kulturelle Veranstaltungen und Grossanlässe müssen in Zukunft auf den dafür vorgesehenen Flächen (Zirkusplatz, neue Kiesfläche) stattfinden. Die Rasenflächen der Grossen Allmend dürfen dafür nicht mehr angeboten werden.

  • Die heute geltenden 50 Tage, an welchen auf der Allmend kulturelle Nutzungen stattfinden dürfen, dürfen keinesfalls ausgeweitet werden. Sie bilden zusammen mit den Anlässen der Bern Expo, der Festhalle und des Sportbetriebes eine, für die angrenzenden Quartiere, obere Grenze.
  • Anlässe, die eine Ausweitung der befahrbaren Flächen nötig machen würden, sollen nicht mehr auf der Allmend bewilligt werden.
  • Die Nutzbarkeit des Hyspaplatzes ist unbedingt zu verbessern. Der aktuelle grobkantige Schotterrasen ist weder Aufenthalts- noch Nutzungsfreundlich
  • Im Zusammenhang mit der neuen Wegführung und Bepflanzung des nordseitigen Hangs ist auf grösstmögliche Aufenthaltsqualität für Erholungssuchende, Spaziergänger und Quartierbevölkerung zu achten.
  • Die freie Nutzung der Kunstrasenfelder darf nicht weiter eingeschränkt werden
  • Die funktionalen- und städtebaulichen Lösungen der ÖV-Haltestelle Guisanplatz und der Empfangsräume BEA/Stadion sind sorgfältig auf die Bedürfnisse der Allmendräume abzustimmen.
  • Die geltenden Nutzungsvereinbarungen sind zu überprüfen und allenfalls anzupassen.

Landschaft und Bepflanzung

Die Kleine Allmend soll wesentlich vielfältiger bepflanzt werden. Kriterien sind die Attraktivität und Nutzbarkeit, Naturerlebnis, Biodiversität, Aesthetik, etc. etc. Die aktuell eher schwache Nutzung durch QuartierbewohnerInnen ist sicher der heute eintönigen / fehlenden Bepflanzung zuzuschreiben. Tiere auf der Kleinen Allmend sind aus unserer Sicht erwünscht. Es könnten sich neben den Schafen (auf kleineren Flächen als heute) auch noch andere Tiere dort aufhalten: Ziegen, Esel, Alpakas, Kaninchen, usw. Mindestens für Kinder wäre das jedenfalls attraktiv. Ebenso könnte ein Weiher sowohl Biodiversität als auch Attraktivität für die Bevölkerung stark verbessern. Auf der grossen Allmend ist im Zug der neuen Wegführung und Bepflanzung des nordseitigen Hangs auf grösstmögliche Aufenthaltsqualität für Erholungssuchende, Spaziergänger und Quartierbevölkerung zu achten.

Fazit:

Aufgrund der rasanten Stadt- und Verkehrsentwicklung in innerhalb der Stadt und in Richtung Ostermundigen und Bolligen, sowie die sich abzeichnenden Autobahnausbauten, sind die verbleibenden Allmenden als wertvolle grüne Erholungsräume mit möglichst vielfältigen Nutzungsangeboten und ökologischen Werten nicht nur zu erhalten, sondern unter Einbezug der Bevölkerung angemessen zu entwickeln. Es ist in den kommenden Jahren konsequent auf ein breit abgestütztes, niederschwelliges, naturnahes Aneignungspotential für die Bevölkerung hinzuwirken. Einschränkungen durch kommerzielle Nutzungen sind ohne Ausnahmen auf das heute bereits durch Bern Expo, Festhalle, Zirkusplatz und der angrenzenden Kiesflächen belegten Gebiet zu beschränken.

Für die langfristige Erhaltung und Entwicklung der Allmenden braucht es die emotionale Verbundenheit mit der lokalen Bevölkerung. Dies könnte dann besonders erfolgreich sein, wenn sowohl eine soziale und demographische Vermischung der Nutzer entsteht und diese Intensiv in die Entwicklungsprozesse einbezogen werden. Die Stadt Bern besitzt mit den Allmenden ein unschätzbares Kapital. Die Erhaltung desselben muss der Stadt auch etwas Wert sein.

IG Allmenden ist die gemeinsame Arbeitsgruppe von Dialog Nord und QUAV4