Das war der Aktionstag in Bern: Info-Führungen, Preisverleihung und Diskussion über Volksinitiative

Gestern Samstag (17.9.2022) war Aktionstag der Gruppe “Verkehrswende Jetzt!”: In 14 Regionen der Schweiz fanden Protestaktionen statt – Feste, Aktionen, Humoristisches, Medienanlässe etc. Auf dem Bundesplatz zeigte “Verkehrswende Jetzt!” einen Livestream mit Interviews und Bildern aus der ganzen Schweiz. Der Verein Spurwechsel bot Info-Führungen zum Autobahn-Anschluss Wankdorf an.

Mehrere Medien berichteten über die Berner Aktionen: DerBund/BZ besprechen den mit dem 1. Preis ausgezeichneten Beitrag von Kurt Vetter zum Spurwechsel-Ideenwettbewerb. Auch telebärn.tv brachte einen Beitrag zu Kurt Vetters Projekt. telebärn.tv/baerntoday.ch und die SDA (via Bluewin) berichteten zudem über den Aktionstag. Eine Liste mit weiteren Medienberichten zum Thema finden Sie hier.

Während in der ganzen Schweiz Aktionen stattfanden, erlaubte die Berner Stadtregierung dem Verein Spurwechsel keine Protestaktion auf der Allmend. Dies ist vor allem deswegen erstaunlich, weil es ja um eine Kundgebung zum Schutz gerade dieser Allmenden ging. Die rege Beteiligung breiter Bevölkerungskreise an den Info-Führungen (anstelle des Protestfestes) rund um den Anschluss Wankdorf und die dabei gestellten Fragen und grossen Augen zeigten auf, dass vielen Menschen das Ausmass der Autobahn-Ausbauprojekte rund um Bern noch nicht bewusst ist. Die offiziellen Projektpartner scheinen offensichtlich die Taktik gewählt zu haben, möglichst wenig Aufhebens um dieses Projekt zu machen, und es nach langen Jahrzehnten veralteter Planung nun einfach zu bauen. Eine echte Partizipation war und ist unerwünscht, wie auch die Hauptstadt nachweist. Dies wohl im Wissen, dass die Mehrheit der Stadtberner Bevölkerung einen Autobahn-Ausbau und den induzierten Mehrverkehr nicht goutieren würde.

Stadtberner Initiative gegen den Wankdorf-Ausbau

Da der Stadtberner Gemeinderat offenbar nicht gewillt ist, im Interesse der ganzen Region Mehrverkehr auf der Autobahn zu verhindern, erwägt der Verein Spurwechsel, eine städtische Initiative zu lancieren. Erste Sondierungsgespräche dazu laufen bereits mit allen Mitglieds-Stadtparteien. Die Initiative soll aufzeigen, dass eine grosse Mehrheit der Stadtbevölkerung den Ausbau in der vorgeschlagenen Form ablehnt.

Diskussion über Alternativen

Der Verein Spurwechsel und die den Verein tragenden Parteien und Organisationen sind gerne zu Gesprächen über Alternativen bereit, die keinen Mehrverkehr verursachen oder ermöglichen, die den Klimazielen entsprechen, den Boden und Grünraum schützen und den Velo- und Fussverkehr fördern.

Viele Menschen fragen uns: Was soll man denn beim Anschluss Wankdorf sonst tun? Einfach den Status Quo festzuschreiben, ist für viele offensichtlich keine Option. Für den Verein Spurwechsel auch nicht! Zu stark ist schon heute die trennende Wirkung der Autobahn auf die Allmenden, zu laut der Lärm und zu schlecht und unsicher die Verbindungen für den Fuss- und Veloverkehr. Der Verein Spurwechsel wird in den nächsten Monaten eine öffentliche Diskussion lancieren, um aufzuzeigen, dass das vorliegende ASTRA-Projekt mitnichten alternativlos ist. Ausgehend von der offen kreativen Phase des Spurwechsel-Ideenwettbewerbs werden wir uns nun viel konkreter mit Expert*innen über mögliche Alternativen unterhalten, die Verbesserungen im Bereich Sicherheit, Freiraum und Naturschutz bringen und den Langsamverkehr fördern. Wie die Preisträgerinnen und Preisträger des Ideen-Wettbewerbs beweisen, ist noch so viel möglich! Dies wurde einmal mehr bei der gestrigen Prämierung des Ideen-Wettbewerbs offensichtlich. So zeigt beispielsweise Kurt Vetter in seinem mit dem Publikumspreis belohnten Beitrag auf, dass die Reparatur der Allmenden ein grosses Bedürfnis ist. Er belegt meisterhaft, dass eine ebenerdige Verbindung der Allmenden und damit eine Stadtreparatur tatsächlich möglich wäre.

Unsere Forderungen an die Politik

Der Berner Gemeinderat muss endlich einsehen, dass er mit seiner Unterstützung des Ausbauprojekts Anschluss Wankdorf im Abseits steht. Der Verein Spurwechsel wird getragen von allen Stadtparteien ausser SVP, FDP und Mitte. Er stellt also ca. drei Viertel der Stadtratsmitglieder und damit der Stadtberner Bevölkerung. Der Ausbau bringt insgesamt Mehrverkehr, das kann sich die Stadt Bern als grünste Stadt der Schweiz angesichts der Klimakrise nicht mehr leisten. Es braucht andere Lösungsvorschläge.

Der Berner Regierungsrat muss seine Verkehrsprognosen so korrigieren, dass sie mit den Paris-Klimazielen kompatibel sind. Der Bereich Verkehr gehört bis heute zu den klimaschädlichsten und hat seine Hausaufgaben bei Weitem nicht gemacht. Ein weiteres Verkehrswachstum wäre unmöglich kompensierbar. Der Kanton muss die Agglomerationen vor Mehrverkehr schützen, anstatt ihnen zusätzlichen Autoverkehr zuzumuten.

Der Bund muss den Netzbeschluss aus den 1960er Jahren revidieren. Er darf nicht an Vollständigkeitsfantasien aus anderen Zeitaltern festhalten. Wir fordern eine konsistente Bundespolitik, die ihre eigenen Klimaziele und Bodenschutzziele ernst nimmt. Der Autobahn-Ausbau widerspricht diametral diesen für die Zukunft wichtigen Zielvorgaben.

Das Bundesamt für Strassen soll endlich beginnen, die Verkehrsprobleme mit alternativen Lösungen anzugehen. Die Zeit der Verbreiterung von Strassen nur zur Abwicklung von Spitzenlasten ist abgelaufen. Nur durch eine Umstellung auf E-Autos bei insgesamt steigendem Autoverkehr kann die Klimaneutralität niemals erreicht werden. Es ist an der Zeit, dass alle Bundesämter am gleichen Strick ziehen und mit aller Kraft mithelfen, den Klimakollaps und damit unendlich viel Leid zu verhindern.

Fotos vom Aktionstag in Bern: