Verbreiterung der Grauholz-Autobahn auf 8 Spuren war öffentlich aufgelegt

Die Verbreiterung der Grauholz-Autobahn ist gegen jede Klimavernunft und wird Mehrverkehr in die Stadt und Agglomeration Bern bringen: Am 26. September 2022 erfolgte die öffentliche Auflage des Grauholz-Autobahn-Projekts, das eine durchgehende Verbreiterung von heute schon 6 auf neu 8 (!) Spuren vorsieht. Der Verein Spurwechsel sagt klar Nein zu diesem massiven Kapazitätsausbau. Angesichts der Klimakrise müssen die Verkehrsprobleme auf der Autobahn mit anderen Massnahmen – unter anderem einer raschen massive Reduktion des Autoverkehrs – gelöst werden. Die öffentliche Auflage wurde am 25. Oktober 2022 abgeschlossen. Es wurden 65 Einsprachen eingereicht.

Mittelstück des Megaprojekts: Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) und der Kanton Bern wollen von Rubigen bis Kirchberg durchgehend eine zusätzliche Autobahn-Spur in beiden Fahrtrichtungen ergänzen:

Das Teilstück Wankdorf-Schönbühl (übers Grauholz) war vom 26. September bis 25. Oktober 2022 in der öffentlichen Auflage. Es wäre das erste richtige Autobahn-Teilstück in der Schweiz mit 8 Spuren! Mit seinem enormen Landverbrauch und der breiten Rodung von Waldstücken des Autoverkehrs spricht dieses Projekt die Sprache der 1960er Jahre. Dem Autoverkehr sollen, gemäss Jahrzehnte alter Planung, Tür und Tor geöffnet werden, obwohl die neuesten Prognosen nur noch wenig Wachstum beim motorisierten Individualverkehr vorsehen. Es ist absolut unverständlich, dass der Bund in vollständiger Missachtung der eigenen Klima- und Bodenschutz-Ziele den Autobahn-Ausbau einfach vorantreibt, wie wenn nichts wäre.

Die geplante Zerstörung von Landfläche ist seit dem Umwelt(un)verträglichkeitsbericht von 2017 im Zuge der Projektierung noch grösser geworden: Der Ausbau auf einer Strecke von 5,7 km würde gemäss Projektstand vom Frühjahr 2022 13,4 Hektaren zusätzliches Land zubetonieren, davon 3,7 Hektaren landwirtschaftlich wertvolle Fruchtfolgeflächen. Zusätzliche 13 Hektaren Fruchtfolgeflächen würden während der Bauzeit beansprucht. Zudem müssen auf 3,5 Hektaren Wald alle Bäume gefällt werden. Dies einerseits für die Verbreiterung der Autobahn, andererseits für die deswegen nötige grossräumige Verlegung einer Erdgashochdruckleitung und einer Starkstromleitung. Gemäss dem nun aufgelegten technischen Bericht müssen für das Projekt insgesamt 31,9 Hektaren Land dauerhaft oder temporär erworben bzw. enteignet werden, davon 16 Hektaren in der Landwirtschaftszone bzw. 16,6 Hektaren Fruchtfolgeflächen.

Das Projekt bringt auch mehr Lärm: Trotz Neubau bzw. Erhöhung von Lärmschutzwänden auf einer Gesamtlänge von 2,2 bzw. 2,9 km ( also total 5,1 km, was fast der ganzen Ausbaustrecke entspricht) mit bis zu 6 Metern Höhe wird bei einigen Liegenschaften eine Überschreitung der zulässigen Grenzwerte resultieren.

Neue Beton-Bauwerke: Schliesslich müssen nicht weniger als 10 Überführungen und sechs Unterführungen zur Querung der Autobahn ausgebaut werden. Die vom Projekt und vorgesehenen Kompensationsmassnahmen betroffenen Gemeinden Bolligen, Ittigen, Moosseedorf, Urtenen-Schönbühl, Zollikofen, Lyssach und Wohlen sind aus Sicht des Vereins Spurwechsel, der auch Mitglieder in diesen Gemeinden hat, gut beraten, wenn sie die Interessen ihrer Bevölkerung mit Einsprachen zu verteidigen versuchen.

Der Flaschenhals wird einmal mehr nur verschoben! Die Denkweise, dass mehr Strassenfläche den Fluss des Autoverkehrs verbessern kann, ist veraltet. Je besser der Verkehr fliesst, umso mehr Menschen werden mit dem Auto fahren. Stau sollte als Signal verstanden werden, dass der Plafond erreicht ist. Die Klimakrise fordert uns zum Umdenken auf. Es braucht eine tiefgreifende Verkehrswende. Netto null ist ohne massive Reduktion des Autoverkehrs nicht zu erreichen. Das Projekt der Verbreiterung der Grauholz-Autobahn ist offensichtlich aus der Zeit gefallen. Um die wenigen Spitzen zu glätten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, gibt es längstens andere Lösungen.

Zusätzliche Verkehrsbelastung in der ganzen Agglomeration Bern. Wenn ein verbesserter Verkehrsfluss auf der Autobahn Mehrverkehr generiert, leidet auch das Berner Stadtnetz und die Agglomeration. Denn ein grosser Teil der Autos auf der Autobahn haben Start- oder Zielort in der Stadt und Agglomeration Bern. Gerade in Bezug auf die Stadt Bern widerspricht dies dem Trend und den Zielen: Der motorisierte Verkehr hat in den letzten Jahren abgenommen und die Stadt Bern hat sich zum Ziel gesetzt, klimaneutral zu werden. Dies bedingt eine massive Reduktion des Autoverkehrs. So stellt sich denn auch die Berner Stadtregierung – anders als beim Autobahn-Anschluss Wankdorf – klar gegen den Ausbau der A1 zwischen Wankdorf und Schönbühl (https://ris.bern.ch/Dokument.ashx?dId=3ce44277118f41a7a7eafc3f2b65a5dd-332&dVersion=1&dView=Dokument).

Partizipation wird vollends zur Farce. Vollends zur Farce wurde die öffentliche Auflage zum Grauholz-Projekt aus Zeitgründen: Die Auflagefrist von nur 30 Tagen begann genau am ersten Tag der Berner Herbstferien und genau einen Tag nach den eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Volksabstimmungen! Bei den publizierten Akten handelt es sich gut und gern um einen mehr als einen Meter hohen Stapel A4-Dokumente und Pläne. Eine genaue und vollständige Durchsicht war sowohl für die betroffenen Gemeinden wie auch für die einspracheberechtigten Verbände aufgrund berechtigter Ferienabwesenheiten beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Dieser absolut unsensible Umgang mit öffentlicher Mitwirkung reiht sich in die bisherige Praxis ein: Dies hat bereits der Umgang des UVEK mit Einsprachen beim Ausbauprojekt Anschluss Wankdorf gezeigt. Der Bund ist offensichtlich nicht an einer Mitsprache der Betroffenen interessiert (siehe: https://spurwechsel-bern.ch/2022/09/09/keine-partizipation-moeglich-viele-medien-berichten/). Das ASTRA will diese alten Bauprojekte aus einer anderen Zeit jetzt einfach noch realisieren. Jedes Mittel, die garantierte Mitsprache der Bevölkerung und Verbände einzuschränken, scheint dabei recht. Die dem Verein Spurwechsel angeschlossenen Verbände und die kontaktierten Landwirte und Anwohner/innen haben natürlich trotz allem von ihrem Mitspracherecht Gebrauch gemacht.

Medienspiegel