Das heute vorgestellte ETH-Gutachten empfiehlt im kompletten Widerspruch zum Volksentscheid vom November 2024, die A1-Abschnitte Wankdorf-Schönbühl und Schönbühl-Kirchberg trotzdem auszubauen. Die jüngst publik gewordenen Abklärungen für einen Kapazitätsausbau Schönbühl-Kirchberg lassen vermuten, dass Bundesrat Rösti dieses Resultat wie auch die Ergebnisse der anstehenden Vernehmlassung längst vorweggenommen hat. Die Verschiebung des Bypass Bern Ost in die ferne Zukunft offenbart zudem den Scherbenhaufen im Osten Berns, den das UVEK mit seiner verfehlten Verkehrspolitik angerichtet hat.
Das Gutachten der ETH Zürich zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastrukturen empfiehlt unter anderem den Achtspur-Ausbau des Autobahnabschnitts Wankdorf-Schönbühl (Grauholz) und eine Pannenstreifenumnutzung (PUN) auf dem Abschnitt Schönbühl-Kirchberg. Diese Empfehlungen stehen in eklatantem Widerspruch zum Volksentscheid vom November 2024, als ein Kapazitätsausbau auf diesen Strecken wuchtig verworfen wurde (in Bern-Mittelland überdeutlich mit rund zwei Drittel der Stimmen).
Gemäss den Äusserungen von Prof. Weidmann baut die Priorisierung der Nationalstrassenabschnitte im Wesentlichen auf den bestehenden Analysen des ASTRA auf. Angesichts dessen sind die Resultate auch keine Überraschung. Gemäss jüngsten Enthüllungen besteht sogar der Verdacht, dass das UVEK schon seit Monaten Abklärungen zu einer PUN auf dem Abschnitt Schönbühl-Kirchberg durchführte und damit das Resultat des Gutachtens eigentlich vorwegnahm. Das UVEK will offenbar gar nicht erst die kommende Vernehmlassung abwarten. Bundesrat Rösti zeigt einmal mehr, dass er demokratische Prozesse geringschätzt und einfach seine politische Agenda verfolgt.
Für den Verein Spurwechsel ist klar, dass ein Kapazitätsausbau zwischen Bern und Kirchberg auch in Zukunft nicht mehrheitsfähig sein wird. Das gleiche gilt für einen zweiten Felsenau-Viadukt. Jegliche Investitionen in die Planung dieser Projekte sind eine Verschwendung von öffentlichen Geldern. Sollte das UVEK tatsächlich weitere Kapazitätsausbauten in der Region Bern anstreben, sehen wir einer Volksabstimmung gelassen entgegen. Allfälligen Versuchen von Bundesrat Rösti, Kapazitätsausbauten (z. B. eine Pannenstreifenumnutzung) am Souverän vorbei auf Verordnungsebene zu beschliessen, wird der Verein Spurwechsel mit seinen Partnern wenn nötig auf juristischem Weg entgegentreten.
Die A6-Ausbauprojekte im Osten Berns: Ein einziger grosser Scherbenhaufen
Im Gegensatz zu den A1-Abschnitten verortet das Weidmann-Gutachten den Bypass Bern Ost in einer fernen, unsicheren Zukunft. Eine Realisierung des Projektes, für das seit Jahren ein extrem aufwändiger und teurer Planungsprozess läuft, ist damit für Jahrzehnte vom Tisch. Damit sind auch die letzten Zweifel daran ausgeräumt, dass die als “Spaghetti-Teller” bekannte Umgestaltung des Anschlusses Wankdorf nicht mehr zu rechtfertigen ist. Das vorliegende Projekt ist eng auf den Bypass Ost abgestimmt; gemäss den offiziellen Projektunterlagen entfällt gar ein Sechstel der Projektkosten nur auf die Schaffung der nötigen Voraussetzungen für die spätere Verbindung zum Bypass. Alles andere als ein sofortiger Stopp des laufenden Plangenehmigungsverfahrens wäre schon deshalb ein Affront.
Das UVEK hat im Osten Berns einen grossen und teuren Scherbenhaufen produziert. Wir sollten nun nach vorne schauen und Wege finden, wie die Menschen von den Emissionen der A6 wirksam entlastet werden können. Wir setzen uns für die Aufnahme eines ergebnisoffenen Dialogprozesses ein.
